
Falscher Notstand, echtes Leid
Sieben Personen in einer Einzimmerwohnung, Hilfszahlungen für Familien werden nicht bearbeitet, Kinder müssen über gefährliche Routen geholt werden – Der Stopp der Familienzusammenführungen und die Nichtbearbeitung der Verfahren von Syrer*innen haben reale Folgen für Menschen, die in Österreich leben. Erzählungen aus der Sozialberatung
Sofort nach Sturz des syrischen Machthabers und dem offiziellen Ende des knapp 15-jährigen Bürgerkriegs setzte Österreich Konsequenzen: Obwohl in Syrien weiterhin 17 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind und die Zukunft des Landes ungewiss ist, setzte die österreichische Regierung alle Aufenthalts- und Asylverfahren von Syrer*innen aus. Sie werden einfach nicht mehr bearbeitet. Zudem stoppte Österreich den Nachzug von Familienmitgliedern – unter anderem ist das der letzte legale Weg Kinder in Sicherheit nachholen zu können. Die Politik spricht von einem "Notstand" in Österreich, und kreiert damit echte Not für geflüchtete Familien bei uns.
Beide Maßnahmen haben echte Konsequenzen für Menschen, die hier leben, wie Fälle in unserer Sozialberatung zeigen.
Sieben Menschen, eine Wohnung
Viele Väter, deren Familie in Gefahr ist, die bereits jemanden verloren haben, in der Heimat keine Perspektive für ihre Kinder sehen, von Krieg bedroht sind, beschließen vorauszugehen. Sie nehmen große Gefahren auf sich, flüchten über schwierige Routen – für ihre Familien. Um sie später über legale und vor allem sichere Wege nachholen zu können. So war das über die Familienzusammenführungen zumindest bis Anfang 2025 noch möglich.
Hakim* erzählt in der Sozialberatung im Ute Bock Haus, dass er bereits einen positiven Asylstatus hat und sehr erleichtert war, dass er seine Familie noch nachholen konnte, bevor der Stopp kam. Doch jetzt werden die Anträge seiner Frau und Kinder nicht bearbeitet. Zu Siebend leben sie in einer Einzimmerwohnung, das Geld ist immer knapp und reicht kaum für die Versorgung von allen Familienmitgliedern aus.
Ihr Antrag auf Hilfsleistungen wurde einfach sieben Monate lang nicht bearbeitet – normalerweise hat die Behörde dafür drei Monate Zeit. Kommt die Familie nach, müssen sie gemeinsam einen neuen Antrag stellen. Wird dieser nicht bearbeitet, bekommt die ganze Familie während dieser Zeit überhaupt keine Unterstützung.
Nachdem Hakim im Mai 2025 völlig verzweifelt zu uns gekommen ist, haben wir uns gemeinsam alles angesehen und Druck auf die Antragstelle ausgeübt. Auch die Auszahlung der Grundversorgung hat sich um mehrere Monate verzögert, andere Ansprüche sind wegen der Verzögerung in der Bearbeitung verfallen. Und dann passiert nach unserem Intervenieren das Unglaubliche: Endlich nach Monaten ohne jegliche finanzielle Unterstützung werden die Hilfsleistungen für die Familie ausbezahlt!
Wir wollten auch die beengte Wohnsituation nicht einfach hinnehmen. Denn wie sollen die Kinder lernen, wenn niemand einen geeigneten Platz dafür hat? Oder die Eltern sich auf den Sprachkurs und die Jobsuche konzentrieren können? Also tragen wir den Fall ein Team weiter in die Wohnbetreuung im Ute Bock Haus. Jetzt kann die Familie in eine von uns betreute Wohnung umziehen. Wir helfen mit Schulsachen und Lebensmitteln.
Trotz des Stillstands in den Verfahren der Familie und der bewussten Verzögerungstaktik der österreichischen Politik, die alle verunsichert, schaffen wir ein sicheres Umfeld für die Familie. Die Kinder können in Sicherheit leben, sich auf die Schule konzentrieren und alle endlich ankommen.
Kinder auf der Flucht
Auch Salma* ist aus Syrien voraus geflüchtet, um später ihre Kinder sicher nachholen zu können. Sie wusste, dass die Fluchtroute äußerst gefährlich ist und riskierte alles, um ihren beiden Kindern eine bessere Zukunft geben zu können. Als sie in Österreich ankam, erhielt Salma den subsidiären Schutzstatus. Das heißt, sie ist schutzberechtigt, darf aber ihre Kinder weitere drei Jahre nicht nachholen. Dann wurden 2025 alle Verfahren von Syrer*innen und der Familiennachzug gestoppt. Sie traf die wohl schwierigste Entscheidung, vor der eine Mutter stehen kann, und schaffte es ihre beiden Kinder im Schulalter auf anderen Wegen nachzuholen. Als die kleine Familie wieder vereint war, war die Freude und Erleichterung riesig.
Doch dann der nächste Schock: Sie mussten sofort aus ihrer Unterkunft ausziehen, da dort Kinder nicht gestattet waren. So kamen sie von Obdachlosigkeit bedroht in unsere Sozialberatung. Wir setzten alle Hebel in Bewegung und hatten riesiges Glück! Zufällig war eines der acht Familienzimmer im Ute Bock Haus frei und die Drei konnten direkt bei uns einziehen. Wie es jetzt weitergeht, müssen wir uns gemeinsam Schritt für Schritt ansehen. Doch eines ist klar: Die Familie ist in Sicherheit. Wir helfen mit Lebensmitteln, Beratung und Schulsachen für die Kinder.
Spende gegen Hunger
Niemand soll in Österreich hungern müssen! Einmal pro Woche versorgen wir geflüchtete Personen und Familien mit dem Notwendigsten. Vieles dafür bekommen wir von Tafelorganisationen, doch das reicht bei weitem nicht. Vor allem Grundnahrungsmittel wie Öl, Mehl, Milch, Butter oder Nudeln müssen wir zukaufen. Mit deiner Spende finanzierst du ein Lebensmittelpaket für eine ganze Familie. Danke, dass du hilfst!
*Zum Schutz unserer Klient*innen verwenden wir Symbolbilder und verändern die Namen.