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Husham wohnte früher im Ute Bock Haus (c) Sophie Kirchner

Beruf, Fluchtgrund, Leidenschaft

Husham war im Irak Journalist. Als sein Schwerpunkt „Politik“ ihn zur Zielscheibe machte, musste er sein Heimatland und seine Familie verlassen. Heute erzählt er von seinem Aufbruch 2015, dem gefährlichen Fluchtweg durch Europa und dem ersten Gefühl von Ankommen. Schreiben ist seine größte Leidenschaft und der Grund für seine Flucht.

Ich habe nie davon geträumt, mein Heimatland Irak zu verlassen. Doch in einer Zeit, in der der Stift zur Straftat und das Wort zur Gefahr wurde, war Schweigen unmöglich – und das Bleiben tödlich. Ich schrieb über Vertreibung, über das Töten, über das Leid, das Iraker*innen aller Religionen und Konfessionen traf. Ich stand nur auf der Seite des Menschen. Doch das allein reichte aus, um mein Leben zur Zielscheibe zu machen.

Die Bedrohung kam von zwei gnadenlosen Seiten: vom sogenannten Islamischen Staat, der meine Stimme auslöschen wollte, und von schiitischen Milizen, die meinen Stift begraben wollten. Beide sahen in meinen Worten eine Gefahr – weil sie die Wahrheit sagten, weil sie das Leid der Menschen sichtbar machten. Als das Bleiben den sicheren Tod bedeutete, blieb mir nur die Flucht.

Im Jahr 2015 verließ ich den Irak mit schwerem Herzen, flog in die Türkei – doch das Flugzeug brachte mich nicht in Sicherheit, sondern an den Anfang eines gefährlichen Weges. Von dort aus überquerte ich das Meer in einem kleinen Schlauchboot. Kein Platz für Träume, kaum Platz für Leben. Wir trieben zwischen Himmel und Tod, umgeben von einem Meer, das wie ein hungriges Tier tobte. In den Gesichtern der Menschen um mich sah ich Angst, Sehnsucht, Hoffnung – den verzweifelten Wunsch, auf der anderen Seite des Wassers weiterleben zu dürfen.

Wir erreichten Griechenland erschöpft – körperlich und seelisch. Doch statt Schutz erwartete uns ein Gefängnis. Wir wurden stundenlang hinter Gitter gesperrt, unter kalten Blicken der Polizei – ohne Mitgefühl, ohne ein gutes Wort. Als hätten wir ein Verbrechen begangen, nur weil wir leben wollten.

Dann begann der lange Weg: Zu Fuß, mit Schmugglerautos, manchmal flüchtend, manchmal versteckt – durch Mazedonien, Serbien, Kroatien, Slowenien… Meine Füße bluteten, mein Herz blieb gefangen zwischen Angst und Hoffnung. Nur eines war sicher: Ich würde nicht aufgeben.

Still und Menschlich

Im September 2015 erreichte ich schließlich Österreich. Es war, als hätte ich nach einer langen, dunklen Nacht endlich den Morgen berührt. Und dann geschah etwas, das mein Leben veränderte: Am Wiener Hauptbahnhof begegneten mir Menschen, die ich nie zuvor gesehen hatte – und sie reichten mir die Hand. Sie gaben mir eine warme Suppe. Einfach. Still. Menschlich. In diesem Moment wusste ich: Wenn es in diesem Land solche Menschen gibt, dann kann ich hier neu anfangen.

Auf meinem Weg traf ich viele gute Seelen – einfache Menschen, die nichts hatten, außer Herzensgüte. Sie sahen in mir keinen Fremden, sondern einen Menschen auf der Suche nach Frieden. Österreich war nicht nur ein sicherer Ort – es wurde ein Land, das uns Würde gab.

Später führte mich mein Weg ins Ute Bock Haus – dieses wunderbare, große Haus, das für mich wie ein neues Zuhause wurde. Es war ein Ort, der alle Menschen aufnahm – unabhängig von Herkunft, Religion oder Sprache. Dort bekam ich ein eigenes Zimmer. Endlich ein Raum für mich – mit Kleidung, Essen und Ruhe. Alles wurde durch Spenden ermöglicht. Das wahre Geschenk aber war die Menschlichkeit des Personals.

Trotz Ablehnung meines Asylantrags fand ich im Ute Bock Haus etwas viel Wichtigeres: Respekt. Würde. Hoffnung. Nach fast drei Jahren bekam ich schließlich meine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung – nicht zuletzt dank der Unterstützung der Menschen im Haus, die mir halfen, mich respektierten, mich als Mensch sahen.

In der Corona-Zeit fand ich eine Arbeit beim Samariterbund. Ich half mit, wo immer ich konnte, für neun Monate. In einer Zeit, in der alles zerbrechlich war, konnte ich ein wenig zurückgeben.

Währenddessen bereitete ich einen neuen Lebensabschnitt vor – denn meine Familie sollte endlich über eine Familienzusammenführung zu mir nachkommen können: meine Frau, meine 10-jährige Tochter und mein 7-jähriger Sohn. Sie bereiteten ihre Koffer vor – für das Land, das auch zu ihrer neuen Heimat werden sollte: Österreich.

Husham im Ute Bock Haus (c) Sophie Kirchner

Im Ute Bock Haus fand Husham nach seiner Flucht 2015 ein Zuhause. Auch heute erinnert er sich noch gerne an die Zeit zurück.
Foto: Sophie Kirchner

Endlich angekommen

Heute leben wir im 23. Bezirk Wiens. Wir haben nicht viel – aber wir haben Frieden, Liebe und Hoffnung. Ich suche weiterhin nach Arbeit, schreibe wieder.

Aber meine Worte erzählen heute nicht mehr vom Schmerz – sondern von Dankbarkeit.

Ich danke jedem, der mir in einem Moment der Schwäche geholfen hat. Ich danke den Menschen, die mir am Hauptbahnhof eine warme Suppe reichten. Ich danke denen, die mir mit einem Lächeln ein „Willkommen“ sagten. Ich danke dem österreichischen Volk, das so viel Mitgefühl gezeigt hat. Ich danke diesem Land, das uns Würde geschenkt hat.

Und ich danke dem Ute Bock Haus, diesem großen Zuhause, das uns alle aufgenommen hat – ohne Bedingungen, ohne Unterschiede.

Meine Geschichte begann mit Angst – und endete mit Hoffnung. Sie begann mit Flucht – und wurde zu einer Suche nach Frieden. Und hier, in meinem neuen Zuhause, beginnt das schönste Kapitel meines Lebens – mit Dankbarkeit, Menschlichkeit und Liebe.

Deine Spende für mehr Menschlichkeit

Der Verein Ute Bock kann nur wegen großartiger Spender*innen weiter Menschen wie Husham helfen. Ein Zuhause ist dabei vielleicht das Wichtigste, um ein neues Leben frei von Angst beginnen zu können. Doch leider ist Obdachlosigkeit für Geflüchtete im Asylverfahren, ohne Arbeitserlaubnis und mit sehr wenig finanzieller Unterstützung eine allgegenwärtige Bedrohung. Im Ute Bock Haus finden bis zu 90 Menschen ein sicheres Dach über dem Kopf.

Mit 31 Euro ermöglichst du eine Woche Unterkunft und bewahrst so einen Menschen vor der Obdachlosigkeit.

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