
Sprachlose Kinder
Wenn wir am Tag der Jugend auf die Kinder schauen, die im Flüchtlingsprojekt mit ihren Eltern beraten werden, dann besorgt uns gerade ein Phänomen besonders: Kinder, die aufgehört haben zu sprechen. Die Konsequenzen einer beschwerten Jugend.
Kinder, die plötzlich nicht mehr sprechen
In die Sozialberatung im Ute Bock Haus kommen auch viele Eltern mit ihren Sorgen. Wir sprechen über die Wohnsituation, können gemeinsam Hilfsgelder beantragen, Termine für unsere Lebensmittelausgabe vergeben und mit Schulsachen helfen - im Moment kommt aber häufig die Frage, was sie tun können, wenn die Kinder plötzlich aufhören zu sprechen.
Bei Kindern mit Fluchtbiografie kann von einer unbeschwerten Jugend meistens nicht die Rede sein. Sie haben oft schon viel erlebt: Krieg oder Gewalt in der Heimat, Leben in Flüchtlingscamps und gefährliche Fluchtwege, mehrfache Entwurzelung oder Verlust von Familie und Freund*innen. In Österreich angekommen, leben sie erst in einer Flüchtlingsunterkunft, gehen in einen Kindergarten oder eine Schule in der Nähe. Muss die Familie dann in ein privates Quartier oder auch in ein anderes Bundesland umziehen, müssen die Kinder abermals die Schule wechseln, verlieren wieder Bezugspersonen und müssen sich in einer neuen Umgebung zurechtfinden.
Therapieangebote fehlen
Wir erleben die Eltern als sehr bemüht und fürsorglich. Häufig sind sie selbst schwer traumatisiert, bemüht Deutsch zu lernen und sich in dem neuen Land zurecht zu finden. Unsere Sozialberater*innen sensibilisieren dafür, dass die Kinder viel mehr mitbekommen als man vielleicht hofft und deshalb behutsam im neuen Leben ankommen müssen. Wir besprechen, wie man im Spielen manches aufarbeiten kann und wo es (kostenlose) Therapieangebote für Kinder mit Traumata gibt. Doch die Plätze sind knapp und die Wartelisten sind lang.
In Wien unterstützt der Verein Hemayat Folter- und Kriegsüberlebende mit therapeutischen Angeboten. Sie schreiben: „Kinder werden bei den dramatischen Ereignissen rund um Verfolgung, Flucht und Neuanfang im Aufnahmeland leicht übersehen. In vielen Fällen können sie nur mit einem massiven Hilfeschrei, etwa in Form von besonderer Aggressivität oder extremem Rückzug, auf ihre Not aufmerksam machen.“
Am Tag der Jugend - immer am 12. August, um auf die Bedeutung der Jüngsten in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen - wäre es deshalb wichtig, den Fokus auf mehr Verständnis und Schutz für Kinder, die mit Traumata bei uns ankommen, zu legen. Und vor allem – und das gilt für alle Kinder unabhängig ihrer Herkunft: Viel mehr Therapieangebote. Wir dürfen Kinder und Jugendliche mit Fluchtbiografie nicht im Stich lassen. Sie müssen die Chance haben, dass die Unbeschwertheit wieder Teil ihres Lebens wird. Dass sie wieder einfach Kind sein dürfen.
Schulstart nach der Flucht
Auch wenn wir selbst im Verein leider keine Therapiemöglichkeiten haben, versuchen wir doch zumindest, andere Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen und den Familien so ein paar Sorgen zu nehmen. Während der erste Schultag in einer neuen Heimat für Kinder mit Fluchtgeschichte besonders aufregend ist, bedeutet er für die Eltern vor allem eine enorme finanzielle Belastung.
Um den Kindern einen fairen Schulstart ohne Hindernisse zu ermöglichen, statten wir sie mit der Unterstützung unserer Spender*innen mit Schulmaterialien aus. Mit unserem Schulstart-Paket füllst du die Schultasche eines Kindes. Malkasten, Buntstifte, Federpennal, Schere, Spitzer, Klebestift, … alles, was auf der Schulstart-Liste steht.