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„Ich weiß nicht, ob Amer das überlebt“

Wir sind geschockt über die geplante Abschiebung unseres Klienten Amer diesen Freitag. Wir setzen alles daran, diese zu verhindern, denn im Irak droht ihm Schreckliches.

In der Nacht vom 5. auf den 6. Mai steht die Polizei plötzlich im Ute Bock Haus. Unser Bewohner, der 32-jährige Amer, der bereits seit 2016 bei uns im Haus lebt, wird mitgenommen und in Schubhaft gesteckt. Er soll zurück in den Irak geschickt werden.

Ein Land, in dem sein Vater bei einem Bombenattentat umkam. In dem sein Bruder schwerstens gefoltert wurde, ihm sogar ein Ohr abgeschnitten wurde. Amer ist diesem Schicksal nur entgangen, weil er sich über Monate in einem Kellerloch versteckt hielt, bevor auch ihm die Flucht gelang und er im Mai 2015 seinem Bruder nach Österreich folgte.

Sein Bruder, der kurz zuvor im Dezember 2014 nach Österreich kam, bekam direkt nach einem Jahr in 1. Instanz Asyl. So schwer wurde die Bedrohungslage eingeschätzt. Doch bei Amer trafen die gleichen Fluchtgründe auf taube Ohren. Sein Antrag, der zunächst noch parallel bearbeitet wurde, zog sich über Jahre in die Länge. Erst 2022 kam hier ein finales Ergebnis, 7 Jahre nach Antragstellung.

Bei diesem langen Aufenthalt im Land qualifizierte sich Amer bereits für einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen nach §56 bzw. §55. Beide Anträge wurden gestellt, der letzte nach §55 ungeprüft zurückgewiesen. Eine Härte, die für uns als Verein nicht nachvollziehbar ist. Unsere Rechtsberatung reagiert mit einer Beschwerde auf den letzten Bescheid. Laut diesem greift dadurch eine aufschiebende Wirkung für vier Wochen, weshalb er eigentlich zu diesem Zeitpunkt gar nicht abgeschoben werden kann. Denn wir befinden uns genau innerhalb dieses Zeitraums – trotzdem wurde er abgeholt.

2021 half uns Amer bei einem Fotoshoot für unseren Bock Shop
Foto: Sophie Kirchner

Amer hat in den letzten Jahren alles dafür getan, sich in Österreich ein Leben aufzubauen. Sein Deutsch ist auf dem Niveau B1 (das wäre sogar für einen Staatsbürgerschaftsantrag ausreichend), er hat mittlerweile seinen Mittelschulabschluss nachgeholt und sich dann für ein Abendgymnasium eingeschrieben. Zusätzlich arbeitete er ehrenamtlich in einem Altenwohnheim und wurde hier sehr geschätzt. Auch in unserer Lerngruppe Büffelböcke ist er ehrenamtlich tätig und unterstützt die Kinder bei ihren Hausaufgaben.

Amer ist mit seiner freundlichen und zuvorkommenden Art ein sehr beliebter Bewohner des Ute Bock Hauses. Er ist immer zur Stelle, wenn Hilfe benötigt wird. Umso schockierender ist es für uns, dass er nun in den Irak, wo ihm das Schlimmste droht, zurückgeschickt werden soll. Die psychische Belastung ist für ihn enorm, er leidet extrem und die Angst vor der Abschiebung ist überwältigend. Es ist nicht auszuschließen, dass er sich etwas antut. Sein Bruder ist ebenso wie wir verzweifelt und in größter Sorge.

Wir wissen nicht, wie es in diesem Fall weitergeht. Die begleitete Abschiebung ist für Freitag, 17. Mai angesetzt. Bis dahin tun wir alles, um Amer vor diesem Schicksal zu bewahren. Denn die Menschlichkeit muss siegen!

Update 21.05.

Es ist traurige Gewissheit: Amer wurde am Freitag tatsächlich in den Irak abgeschoben. Alle Anträge bzw. Beschwerden wurden abgewiesen. Eine kurzfristig einberufene Verhandlung am Donnerstag gab uns noch etwas Hoffnung, dass Amer endlich auf Verständnis für seine Situation trifft. Doch diese Hoffnung war umsonst, die Willkür gewann. Wir können es nicht glauben und sind zutiefst besorgt, wie es für ihn im Irak weitergeht. Aktuell versuchen wir Kontakt zu ihm herzustellen.

Wir möchten euch trotz des schrecklichen Ausgangs für eure Unterstützung danken. Es bedeutet uns und auch unseren Bewohner*innen viel, dass so viele von euch in dieser Situation Menschlichkeit und Mitgefühl zeigen. Die letzten Wochen waren für alle im Ute Bock Haus sehr intensiv und schwierig. Nach dieser Erfahrung sind wir wirklich am Boden zerstört. Eure Unterstützung hat und wird uns aber weitertragen, denn viele Menschen brauchen uns. Für sie, aber auch für Amer, müssen und werden wir weiter bockig bleiben!

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